Fortführung der Kurzgeschichte „Sagen dürfen“ von Aline Kanis

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In der Geschichte geht es um Tim, der Probleme in der Schule und einen rassistischen Vater hat. Tim bewegt außerdem, dass er von Max nicht zu seinem Geburtstag eingeladen wurde. Nenad, der Neue, jedoch schon. Tims Boxtrainer spürt sein Gefühlschaos und fragt ihn, was los ist. 

Tim starrte auf die verschwitzte, abgewetzte Ringmatte, während er seinem Boxtrainer von den Gedanken in seinem Kopf erzählte. Der dumpfe Klang der springenden Seile und das rhythmische Klatschen der Boxhandschuhe im Hintergrund begleiteten seine Gedanken. In diesem Raum, in dem nur der Geruch von Sport und harter Arbeit lag, fühlte sich Tim etwas freier, etwas mehr er selbst. Seine inneren Monologe stießen aneinander wie wild gewordene Boxer im Ring. Das Boxen, dieser sportliche Ausweg, war das Einzige, was ihm in dieser sich verändernden Welt noch Freude bereitete. Die Energie, die er bei jedem Haken und Jab spürte, war sein Zufluchtsort des Alltags. Die Schule, ein Ort, der eigentlich der Vorbereitung auf das Leben dienen sollte, wirkte auf Tim trocken. Die Worte der Lehrer verloren sich in einem Nebel aus Unverständnis und Desinteresse. Tim konnte nicht begreifen, warum er so viel Zeit mit Dingen verbringen sollte, die ihm keinen Sinn zu ergeben schienen. Es war, als ob er gegen einen unsichtbaren Gegner kämpfte, dessen Regeln ihm fremd waren. Dazu kommt noch, dass nicht er, sondern der Neue eine Einladung zu Max‘ Geburtstag bekommen hat. Der neue Junge in der Klasse, dessen Name Tim sich gerade erst merken konnte, hatte ihm heute dennoch geholfen. In einer Welt, die oft von Vorurteilen und Rassismus geprägt war, wie bei seinem Vater, war diese Geste wie eine Veränderung, die seine Gedanken auseinanderbrachte. Während er seinem Trainer all das erzählte, spürte Tim die Worte wie Faustschläge aus seinem Mund fließen. Die Sehnsucht nach seiner Mutter, die so plötzlich gegangen war, fühlte sich wie ein bleierner Rucksack an, den er jeden Tag auf seinem Weg durchs Leben mit sich tragen musste. Er wünschte sich manchmal einfach, dass alles so wäre wie früher, dass seine Mutter noch da wäre, um ihn zu umarmen und zu trösten. In diesem Boxring fand Tim nicht nur einen Ort, um seine Aggressionen abzulassen, sondern auch einen Raum, um seine Gedanken zu sortieren. Der Trainer hörte aufmerksam zu, während Tim seine Gefühle in Worte kleidete und die dumpfen Geräusche des Trainingsraums schienen für einen Moment in den Hintergrund zu treten. Tim sagte: „Jetzt fühle ich mich sehr viel besser. Danke, dass Sie mir zugehört haben.“

Joël Feuerbach, R9a

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