Endlich. Viele Eltern und auch das Kollegium der Weingartenschule dürften hörbar aufgeatmet haben. Nach einem Jahr Vakanz gibt es wieder eine „richtige“ Schulleiterin in Kriftels Staufenstraße. Und sie ist beileibe keine Unbekannte. Schon seit einem Jahr war Elke Wetterau-Bein stellvertretende beziehungsweise kommissarische Leiterin der Gesamtschule, etwas kryptisch Dir. a. e. G. (Direktorin an einer Gesamtschule) in offiziellen Briefen abgekürzt.
Am 20. Mai 2020 wurde sie nun von dem leitenden Schulamtsdirektor Tobias Deitrich offiziell mit dem Amt der Schulleiterin der Weingartenschule beauftragt. Jetzt ist sie voll da. Mit Herz und Leidenschaft dabei. Ihre Sache ist nämlich ihre Schule – und das ist die WGS.
1958 im hessischen Plankenbach geboren und in der Nähe von Bad Hersfeld aufgewachsen, lebt Elke Wetterau-Bein seit 1990 im beschaulichen Kriftel. Dem Obstgarten im Taunus verdanke sie viel, erklärt sie. Es sei eine Art Geborgenheit, die von diesem Ort ausgehe. Eine dörfliche Struktur, in der jeder jeden kenne. Die damit einhergehende Verbindlichkeit schätze sie sehr. „Für mich eine echte Wohlfühlgemeinde“, erläutert die Schulleiterin, die in ihrer Freizeit gerne sportlich aktiv ist und als Genussmensch leidenschaftlich kocht. Gerne habe sie hier auch Sportkurse geführt oder sich in Vereinen engagiert, z. B. im Krifteler Karnevals Klub. „Als Leiterin des Männerballetts über elf Jahre weißt du Bescheid!“, schmunzelt sie. Und als stellvertretende Leiterin des Kulturforums weiß sie: „Hier ist Gemeinschaft in der Gemeinde“.
Dem Herzen folgend
Ihre Ausbildung hat Wetterau-Bein allerdings seinerzeit auf dem naturwissenschaftlichen Sektor abgeschlossen. So studierte sie in Gießen zunächst Chemie bis zum Vordiplom, um dann „meinem Herzen folgend“ auf Lehramt für Chemie und Sport umzusteigen. 1985 schloss sie ihr Referendariat in Bad Hersfeld ab und gründete anschließend eine Familie, aus der zwei mittlerweile erwachsene Söhne hervorgingen. Zufälligerweise hatten dann ihr ältester Sohn und sie im Jahr 2000 einen gleichzeitigen Start an der WGS.
Zunächst als Studienrätin in Teilzeit engagiert, fühlte sich die tatkräftige Elke Wetterau-Bein bald immer tiefer mit der Schule verbunden. Gleichzeitig wuchs in ihr der Wunsch, die Schule aktiv und federführend mitzugestalten. Es folgten 2009 die Ernennung zur Oberstudienrätin, bald darauf die Berufung in das Schulleitungsteam als Leiterin des Gymnasialzweiges und im Jahr 2014 das Amt der stellvertretenden Schulleiterin. Als zielstrebige Führungskraft wusste sie immer: Wer mitgestaltet, kann auch das Ruder herumreißen. Und Fehler der Vergangenheit konzentriert und konsequent korrigieren. „Es gab auch schwere Zeiten an der WGS“, räumt Wetterau-Bein ein „Wir hatten vor zehn Jahren weniger als 600 Schüler, das gab uns schon zu denken“. Denn die Anzahl der Schüler sei so etwas wie die Benotung einer Schule durch die Eltern. Durch dieses Tal musste sich die Schule durchkämpfen.
Wir. Gemeinsam. Stark.
Ihr schönster Tag an der WGS, erinnert sich Wetterau-Bein, war der Tag der offenen Tür im letzten Jahr, als mehrere Eltern fragten, was sie tun müssten, damit ihre Kinder auf die WGS kommen könnten. „Da wusste ich, wir sind aus dem Gröbsten heraus“, resümiert sie. Heute hat die Schule an die 900 Schüler, Tendenz steigend.
Und ihr schlimmster Tag? Der ereignete sich noch zu ihren Zeiten als Chemielehrerin. Bei dem sogenannten Gummibärchenexperiment kam damals die Feuerwehr in die Schule. „Schuld daran waren die neuen Feuermelder, einer direkt über der Versuchsanordnung angebracht“, wundert sich Wetterau-Bein noch heute.
In nächster Zukunft möchte Sie das offizielle WGS-Schulmotto: „Wir. Gemeinsam. Stark.“ mit Leben füllen. Auch will sie als Kriftlerin die Krifteler Schule wieder stärker in der Gemeinde integrieren. Da seien die Entscheidungswege kurz, man kenne die Gremien, das vereinfache viele Planungen und Entscheidungen. Auch die außerschulische Nutzung von Vereinen soll im Zuge dessen stärker in den Focus rücken.
Regeln und Strukturen
Auf Ihr Selbstverständnis angesprochen, antwortet die alte neue Schulleiterin salopp mit einem schelmischen Lächeln: „Ich sehe mich ein bisschen als die Mutter von dem Ganzen“. Ohne Teamgeist gehe es natürlich nicht. Ein Geben und Nehmen eben.
Da sei sie besonders stolz auf ihr Schulleitungsteam, mit dem sie hervorragend zusammenarbeite und auf das sie sich einhundertprozentig verlassen könne. In letzter Zeit sogar ganz besonders. Denn „erst kam Sabine, dann Corona“, wie sie mit ihrem typischen Humor bemerkt. In Krisenzeiten, wie beim Sturm Sabine und während der Pandemie, sei guter Zusammenhalt essentiell wichtig. „Auch auf das Kollegium kann ich mich jederzeit stützen“, erklärt sie dankbar. Das Verhältnis zu Schulelternbeirat und Schülervertretung bewertet sie ebenfalls positiv. Transparente Kommunikation und schnelle, kurze Wege seien hier hilfreich und eine „Politik der offenen Tür“, wie sie es nennt. Jeder könne kommen, wenn Unterstützung angesagt ist. Wichtiger Erfolgsgarant ist ihr die Einhaltung von Regeln. „Als kooperative Schule gibt es hier ein breites Angebot für alle. Klare Regeln und Strukturen fördern einen größeren Lernerfolg“, erklärt Wetterau-Bein überzeugt.
An der WGS seien alle bunt gemischt, aber gut integriert. Dabei kämen
Qualität und Anspruch keinesfalls zu kurz. Dafür stehe zum Beispiel das Gütesiegel für Hochbegabtenförderung und die im letzten Jahr erhaltene Auszeichnung als MINT-freundliche Schule.
Elke Wetterau-Bein schaut gerne auch mal genauer hin. So ging sie am Anfang des Schuljahres in jede Klasse, um sich vorzustellen. „Die Schüler sollten wissen, wer ich bin und ein Bild von mir haben. Anonymität soll es bei ihr möglichst nicht geben. Identifikation mit der Schule sei besonders wichtig, gerade auch jetzt in Krisenzeiten, wenn viele coronabedingt zu Hause arbeiten müssten.
Nach vorne schauen
„Der Digitalisierung gehört die Zukunft,“ bejaht Elke Wetterau-Bein. IT-Beauftragter Markus Preis gebe hier die Richtung vor. „Jeder Klassenraum soll mit Beamer und Whiteboards ausgerüstet werden, jeder Kollege mit dem Tablet unterrichten können“. Auch die Schüler sollten ein Schultablet haben, wenn es nach ihr geht. Aber sie bleibt auch realistisch. Da sei die Politik gefragt, was gehe und was nicht.
Von Ihrem Naturell her schaut die dynamische Direktorin stets optimistisch nach vorne. „Egal was passiert, es geht immer weiter“, lautet ihr Motto. Durch die Coronakrise hätten viele Schüler und auch das Kollegium viel gelernt. Als mögliches Zukunftsmodell wünscht sich Wetterau-Bein: kleine Klassen, fokussierter Unterricht. Ein Teil der Schülerinnen und Schüler habe Präsenzunterricht und der andere lerne währenddessen zu Hause am Bildschirm. Das bringe Qualität statt Quantität, lautet ihr Fazit.
Und das wandgroße Foto in ihrem Büro, auf dem sich das Sonnenlicht durch die Bäume bricht? „Daraus ziehe ich meine positive Energie vom Schreibtisch aus“, erklärt sie und strahlt.