Von nix kommt nix – Bürgermeister Christian Seitz virtuell im Powi-Unterricht bei Frau Brase

 

Seitz Brase Powi

 

 

Am vergangenen Mittwoch gab es eine Premiere für Kriftels langjährigen Bürgermeister Christian Seitz. Zum ersten Mal war er nämlich digitaler Teilnehmer an einer Schulstunde in Politik und Wirtschaft, kurz Powi genannt. „Es ist auch für mich eine ungewohnte Situation, mit euch über meinen Computer im Rathaus zu kommunizieren“, gab er freimütig zu. Bisher habe er täglich Corona-bedingt Onlinekonferenzen mit Geschäftspartnern, Kollegen und Mitarbeitern gehabt. Aber die jährlichen Gespräche mit Schülerinnen und Schülern der WGS haben vor Corona natürlich live im Rathaus stattgefunden. Es sei eine besonders spannende Situation, jetzt kurz vor der Kommunalwahl im März, den Jugendlichen digital zu erklären, wie die Gemeinde Kriftel funktioniere. Eines sei aber klar. Ohne Bürgerbeteiligung und aktivem Mitmachen funktioniere eine Gesellschaft nicht. Daher käme ja auch der Slogan für die ehrenamtliche Beteiligung: „Ohne Dich geht Kriftel nicht“.

Um zum Mitmachen anzuregen und gegen die Politikverdrossenheit anzugehen, deswegen sei er heute in der fünften Stunde hier, unterstreicht der Bürgermeister. „Demokratie kann man nicht nur passiv konsumieren, wir alle machen sie“, lautet sein deutlicher Appell an die jungen zukünftigen Demokraten.

Die sitzen an ihren Bildschirmen zuhause mit oder ohne Kamerafunktion und erfahren so einiges darüber, wie ihre Heimatgemeinde funktioniert. Und dass sich die kommunale Ebene besonders dafür eigne, Einfluss auf die Politik nehmen. „Mit seiner Stimme hat jeder Wähler unmittelbar Einfluss darauf, wie sich sein Kreistag, seine Gemeindevertretung oder sein Ortsbeirat künftig zusammensetzt“, erklärt Seitz.  Wer außer den Bürgerinnen und Bürgern könne besser darüber mitentscheiden, wie die finanziellen Mittel z.B. für Kinderspielplätze, Verkehrsberuhigungen oder Radwege im Ortsteil genutzt werden sollen, lautet seine rhetorische Frage.

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Engagiert euch!

Dafür gebe es die Gemeindevertretung. Sie besteht aus 31 gewählten Gemeindevertreterinnen und -vertretern. Die werden für fünf Jahre von den Bürgerinnen und Bürgern der Gemeinde gewählt und vertreten deren Anliegen. Dann gibt es noch den Gemeindevorstand. Dem gehören elf Mitglieder in Kriftel an. Die politischen Gremien einer Kommune beraten und entscheiden über Angelegenheiten, die die örtliche Gemeinschaft betreffen. Den Gremien gehören die gewählten Kommunalpolitikerinnen und -politiker an, die die Zukunft der Kommune im politischen Entscheidungsprozess mitgestalten. Auch der Ausländerbeirat, der die Interessen der Migrantinnen und Migranten der Gemeinde Kriftel vertritt, gehöre dazu. Der werde jetzt erstmals gleichzeitig gewählt. Und was ist mit den Kindern?  Seitz verweist auf den Kinderbeirat. „Da geht es um euch“, betont der Bürgermeister. Aus allen dritten und vierten Klassen der Lindenschule werden Kinder in den Kinderbeirat entsandt. „Leider gibt es immer weniger Kinder und Jugendliche, die sich engagieren“, bedauert Seitz. „Sollen denn Senioren über Kinderspielanlagen oder Bolzplätze entscheiden? Das würdet ihr auch nicht richtig finden“, meint er.  Also, lautet sein Fazit, wenn niemand mithelfe, fände auch nichts statt. Damit bedankte er sich gleichzeitig bei den vielen ehrenamtlichen Helfern in der Gemeinde. „Hat denn jemand von euch einen solchen Helfer in der Familie“, fragt er in die Runde. Zwei sagen ja, ein Mädchen merkt an, dass es nicht einfach sei, in ihrem Alter „was zu reißen“. Chiara fragt nach, wie man sich einbringen könne. „Über das Jugendhaus zum Beispiel“, weiß der Bürgermeister. Auch eine Kontaktplattform helfe dabei, ins Gespräch zu kommen. Jetzt will Leon wissen, wie Christian Seitz politisch anfing. Der Fall der Mauer habe ihn – der übrigens wie viele Krifteler Bürger selbst Schüler an der WGS war, politisiert, als er die Oberstufe an der MTS besucht habe. „Erst war es ein Hobby, dann wurde es zum Beruf“, fasst er seine Politkarriere kurz und knackig zusammen. 

Jetzt will die R7A mehr wissen. Sie hat sich gut auf die „Fragestunde“ vorbereitet. Frau Brase hat mit ihren Schützlingen zusammen 19 Fragen an den Bürgermeister zusammengestellt.

Der typische Arbeitstag? Den gebe es nicht. Das sei ja das Schöne. Als Bürgermeister sei man überall, auf Feierstunden, Vereinssitzungen, Richtfesten und auch als Trauerredner auf Friedhöfen. Sieben Tage die Woche, rund um die Uhr.

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Das liebe Geld 

30 Millionen Etat für 11.000 Einwohner, das sei eine besondere Verantwortung. Zwar bringe Corona Defizite, aber die Welt drehe sich weiter. Geld ist ein gutes Stichwort. Was er denn für Kriftels Zukunft plane? Mehr Familienpolitik, Sanierungen des Sportplatzes und das neue Kreishallenbad in Kriftel lägen ihm am Herzen, führt Seitz aus. Was mit der Weingartenschule geschehe, will Marcello wissen. Tja, die sehe ja in etwa noch genauso aus wie zu seiner Schulzeit in der 80ern, muss Seitz zugeben. Aber solange sie nicht erweitert werde, hätte die Schule schlechte Karten. Da würden zunächst vom Kreis andere Schulen vorgezogen, die mehr Platzbedarf hätten, bedauert der ehemalige WGS-Abgänger. Immerhin sei der Bioraum saniert worden, lobt Frau Brase.

 

Kein Wunschkonzert

Plötzlich steht dann die Frage im virtuellen Raum, was denn die Gemeinde für die jungen Leute konkret machen könne. Ein bisschen Wunschkonzert also, obwohl das Leben keines sei. Bei diesem Thema sprudeln die Vorschläge fast schon: mehr IT-Stunden möchte Leon, abwechslungsreichere Freizeitaktivitäten wünschen sich andere. Eine Cross Bike Trasse im Freizeitpark wäre doch was, sagen viele. Ein Fußballplatz mit echtem Rasen wäre nicht schlecht, regelmäßig neuen Sand in den Kästen, der Vorschlag für einen American Football Platz findet Anklang. Wünsche über Wünsche, sogar neue öffentliche Tennisplätze werden angesprochen. 

Gegen Ende der Veranstaltung ist plötzlich Leben in der Bude. Seitz muss als pragmatischer Politiker schmunzeln. Und sagt auch, was die zwei beharrlichsten Gegner solcher öffentlicheren Anlagen seien: der Mangel an Geld und der leider auch in Kriftel gelegentlich grassierende Vandalismus. Gemeinde kommt von Gemeinschaft. 

So bleibt schlussendlich unter dem Strich die Eingangsbotschaft bestehen: Ohne Dich geht Kriftel nicht! Das spiegelt auch die anschließende interne Diskussion in der Klasse wieder. Mitgenommen haben sie vor allem, dass hinter all den Institutionen und Funktionen Menschen stehen. Und dass, wer nicht mitmache, auch nicht mitbestimmen könne.

 

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