„Wir brauchen eure Energie und Power!“ Erste Berufswahlmesse in der Weingartenschule

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Aus der Ferne fällt sofort auf, dass hier etwas nicht stimmt. Wo sich sonst Schülerinnen und Schüler in der Pause von ihrer geistigen Arbeit erholen, blinken Straßenverengungstafeln, stehen Warnbarken und Verkehrszeichen und signalisieren aufgestellte Pylone Gefahr. Ein riesiger Unimog in auffälligem Orange steht mit vorgesetzten Seitenmäher und offenen Türen auf dem Schulhof neben der Schulskulptur. Hier ist heute einiges los, denn heute am 6. Juni findet an der WGS ein Berufsorientierungstag statt.

Hier und heute sollen sich ausbildende Unternehmen und Jugendliche aus den Abschlussklassen kennenlernen. Initiiert hat diesen Tag – unterstützt von Herrn Heyd und Frau Maschistof – Herr Mirza, Studienrat für Mathematik, Physik und PoWi an der WGS. „Als studierter Berufsschullehrer konnte ich direkt miterleben, welche Anforderungen an Auszubildende gestellt werden, um eine erfolgreiche Ausbildung zu absolvieren,“ führt er an. Diese Erfahrungen und Erkenntnisse habe er genutzt, um für die interne Berufswahlmesse das WGS-Azubigespräch zu konzipieren. Er hoffe, dass die Schüler so einen breiten Ein- und Überblick über die Vielfalt der Berufsausbildung erhalten. 

Bei der Auswahl der Unternehmen wurde darauf geachtet, dass diese als potentielle Ausbildungsbetriebe in Frage kommen bzw. die Entfernung zu Kriftel nicht allzu groß ist.

Die Ausgangslage ist ernst.  Angesicht eines Marktes, in dem jede zweite Lehrstelle unbesetzt bleibt, müssten sich die Unternehmen bei den jungen Leuten bewerben. Das ist anders, als es früher einmal der Fall war. Zeige aber auch, wie stark das Bedürfnis nach Orientierung bei den Jugendlichen sei.

Die Fahrzeuge, Schilder, Barken und Warnlichter gehören zu Hessen Mobil. Ein großer Spielplatz. Und eines von acht Unternehmen aus der Umgebung, davon drei aus Kriftel. Sie sind heute hier, um neue Azubis oder Praktikanten anzuwerben:

Tropica Garten- Landschaftsbau, Graphic Packaging, Verpackung 

Varisano Pflege, Gemeinde Kriftel Verwaltung, Deutsche Bahn Logistik, 

Hessen Mobil Verkehr, DM Drogeriemarkt und SPIE Elektro /Metall.

Bei der Straßenmeisterei sieht man nur Jungs. Wo sind die Mädchen? Vielleicht da, wo man sie vermutet, bei der Kosmetik und den Pflegeberufen? Nicole Langenbach, Diplom-Pflegepädagogin bei dem Pflegedienstleister Varisano berichtet aus Erfahrung, dass mittlerweile ein Drittel Jungs in der Ausbildung und später in den Krankenhäusern arbeiten. „Da bewegt sich was“. Mit 14,15 Jahren seien die Jugendlichen aber noch eher an die traditionellen Rollenbilder gebunden. Dazu käme, dass Mädchen von der Entwicklung her den Jungen stark voraus seien. Sie selbst befürworte eine gute Mischung. „Das tut jedem Team gut“, bestätigt sie. 

Es gibt an diesem Tag so einige Mädchen, die sich für technische Berufe interessieren. 

Bei den 18 Jungs, die sich um den Unimog auf dem Schulhof scharen, geht es jetzt ums Geld. Man verdiene gut, betont Sebastian Birner, „und den LKW Führerschein kriegt ihr auch noch im Wert von 5000 €, den nimmt euch keiner mehr weg!“ 

Für viele ist ein guter Verdienst ein Argument. 

„Das persönliche Gespräch ist extrem wichtig“, stellt Jan Peifer, Personalmanager der Deutschen Bahn, fest. In diesem Punkt sind sich alle Unternehmen einig. Man müsse auf die Auszubildenden zugehen. Offen sein, sie da abholen, wo sie stehen, konstatiert Basel Mirza, „die Ansprache hat in den letzten Jahren deutlich verändert“. Aber die Auszubildenden sollten schon wissen, in welche Richtung sie wollen.

Dieser Meinung ist auch Sutharsana Kirupanathan. Auch sie nutzt diesen Tag. Sie ist Berufsberaterin beim Arbeitsamt und einmal pro Woche in der Weingartenschule. Ansprechpartnerin für alles, was in Richtung Berufsausbildung geht. Was man machen kann und welchen Schwerpunkt man setzt. Sie gibt Orientierung und findet diesen Tag hervorragend. Herr Mirza verweist darauf, dass die Schule generell einiges in der Vorbereitung auf das Leben mache. Schon ab der siebten Klasse werden Stärken und Schwächen der Schüler festgehalten, um sie in eine Richtung zu beraten, die ihnen liegt. Keiner werde allein gelassen. 120 Schüler sind heute da. Sie besuchen grüppchenweise die verschiedenen Stationen. 

Eine davon ist die Deutsche Bahn. Als Mega-Unternehmen natürlich sehr begehrt. Die beiden Azubis von der DB, die auch mitgekommen sind, beschreiben lebhaft ihre Ausbildung. Das gefällt. Hier sprechen junge Leute miteinander, treffen den Ton. Die Schwellenangst fällt weg. Das werde es jetzt öfter in der WGS geben, so Herr Mirza. Ein Kooperationsvertrag zwischen WGS und DB werde demnächst unterschrieben, um Ausbildungsplätze zu besetzen. 

Die drei Damen von der Drogeriekette DM verweisen auf einen erfolgreichen Tag. Sieben Verträge für Praktika seien schon vergeben worden. Keine schlechte Bilanz. „Die Leute kommen gerne zu uns“, weiß Jasmin Beuer aus dem DM-Team. 

Bei SPIE, einem technischen Unternehmen, das Anlagenmechaniker und Elektroniker, aber auch Industriekauffrauen ausbildet, schaut man sich Filme an: Medial erzählen Azubis von ihrer Ausbildung. 

Natürlich ist es Ehrensache, dass die Gemeinde Kriftel auch vertreten ist. Jutta Kuchenbrod von der Verwaltung zeigt sich zufrieden. Ihre Flyer seien angenommen worden. „Wir haben das ganze Jahr eine gute Resonanz auf unsere Praktika“, erläutert sie. Die zwei Ausbildungsstellen dieses Jahr seien besetzt. 

Jessica Dörr, von Tropica Kriftel, lobt den Zuspruch und die guten Umgangsformen der Weingartenschüler. Umgangsformen? „Generell sind ein gepflegtes Auftreten Höflichkeit und eine gewisse Gesprächskultur von Vorteil bei der Vorstellung“. Sie wünscht sich für das nächste Mal „mehr Praxisbezug mit mehr Material“ Vielleicht nicht in einem Klassenraum, sondern auf dem Schulhof oder oben im Weingärtchen. 

Am Ende der Veranstaltung gibt es in der Aula eine Reflektion mit allen über das Erlebte. Die Aussagen der Schülerinnen und Schüler sind einhellig positiv. Endlich konnte man mal hinter die Kulissen gucken, heißt es. Viele gehen mit einem guten Gefühl. Und was kommt von den Unternehmen? „Wir brauchen eure Power“, heißt es. „Ihr habt eine Fülle von Möglichkeiten, also nutzt sie!“, wird gesagt. Appelle, die zeigen, wie wichtig diese Generation für unsere Gesellschaft ist.  

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